Stefan Rühlmann

Bücher und Zeichnungen

Mein blog

Auf dieser Seite werde ich in regelmäßigen Abständen Ausschnitte meiner Bücher, Geschichten oder auch Bilder, wenn sie gerade entstehen, einstellen.

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29.10.2016

Seemannsgarn - meine Zeit auf See - Teil 4

In den Suezkanal sind wir wohl gegen halb eins nachts eingelaufen, ich lag aber damals in meiner Koje, also meinem Bett und schlief. Als ich am nächsten Morgen an Deck raus ging, schien es mich fast zu erschlagen. Ich kam mir vor wie in einer Sauna und dachte, diese Luft niemals aushalten zu können. Aber es ging. Nach zwei Tagen hatte ich mich auch daran gewöhnt.

Was mich aber überraschte, waren die vielen ägyptischen Händler an Bord. Im Nachhinein hatte ich erfahren, dass es besser ist, diese an Bord zu lassen, damit die Schiffe schnell durch den Kanal fahren könnten. Also quasi eine Bedingung dafür, nicht tagelang auf Reede zu liegen und Geld zu verlieren. Ob dies heutzutage immer noch so ist, kann ich nicht sagen. Jedenfalls war ich überrascht, diese vielen Leute mit ihren Waren bei uns an Bord zu sehen. Trotzdem, ziemlich neugierig, ging ich über das Deck, bestaunte die vielen Waren, die die Händler vor uns ausgebreitet hatten. Ich fand einen Fußhocker richtig schön, dunkles Leder mit eingravierten Figuren. Der Händler sprach mich sofort an.

„Hey, mein Freund, ich bin Hans, was willst Du kaufen?“
Naiv wie ich war, zeigte ich auf den Hocker.
„Ah, mein Freund, das ist ein besonders wertvoller Hocker.“
„Was willst Du denn dafür haben?“
„Zwanzig Mark.“
„Okay.“ Ich fand den Hocker echt schön, der liegt immer noch bei meinen Eltern.
„Den verkauf ich Dir nicht.“
Verblüfft sah ich den Händler an und fragte ihn, wieso nicht.
„Du musst mit mir handeln.“

Aha. Handeln. Also sah ich ihn an und sagte, dass ich ihm zehn Mark geben will. In dem Moment hob er die Hände zum Himmel und erzählte mir irgendwas von drei Frauen und sieben Kindern und dass ich ihn an den Bettelstab bringen werde und dass die Welt so schlecht wäre. Dann sah er mich an.

„Du bist das erste Mal hier, was?“
Ich nickte.
„Komm mal mit, mein Freund.“
Wie selbstverständlich legte er mir einen Arm um die Schulter und zog mich zum Achterdeck, zwischendurch nahm er noch zwei Bananen von einem anderen Händler mit. Er drückte mich auf eine Bank neben unserem Pool.
Dann sah er mich an, unrasiert, wie er war, graue Strähnen zogen sich durch sein Haar.
„Du musst handeln, mein Freund.“
„Hab ich doch, was willst Du von mir, Du hast doch angefangen, von Deinen drei Frauen und sieben Kindern rumzuschreien.“
„Ja, das gehört dazu. Du musst handeln, mit mir reden, palavern, weißt Du, mein Freund?“
„Ich glaub schon.“

„Also, handeln. Und wundere Dich nicht,“ er schälte seine kleine Banane, ich tat es ihm nach, „hier heißen alle Hans, wenn Engländer kommen, dann heißen wir alle William, und so weiter. Verstehst Du, mein Freund? Und jeder, der hier an Bord ist, hat mindestens einen Bruder, der in Deutschland LKW-Fahrer ist.“
Ich nickte wieder, die Banane schmeckte herrlich süß, besser als die in Deutschland.
„Komm, wir gehen nochmal den Hocker handeln.“

Admin - 19:41 @ Seefahrerei | Kommentar hinzufügen